Bereits in der Vergangenheit haben wir über Änderungen im Besteuerungsverfahren vor dem Hintergrund der Digitalisierung der Finanzverwaltung berichtet. Wesentliche Grundlage für die stattfindende Veränderung ist das Gesetz zur Modernisierung des Besteuerungsverfahrens, welches zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten ist. Die technische Umsetzung des Gesetzes soll 2022 abgeschlossen sein.
Ziel der Reformen ist es, zukünftig den Großteil der elektronischen Erklärungen automatisiert zu bearbeiten und zu veranlagen, ohne dass ein personeller Eingriff in Abläufe erfolgt. Der Amtsermittlungsgrundsatz wird um eine risikoorientierte Programmprüfung mit Zufallsauswahl ergänzt, d.h. Steuererklärungen werden nur noch zum Teil durch Finanzbeamte bearbeitet.
Verschiedene in diesem Zusammenhang ergangenen Neuregelungen stellen wir im Folgenden dar.
Datenübermittlung durch Dritte
Sofern von Dritten (wie z. B. Arbeitgeber, Versicherungen, Banken oder Sozialversicherungsträger u. a.) Daten an die Finanzverwaltung übermittelt werden, ist der Steuerpflichtige hierüber zu informieren. Diese Drittdaten gelten als Daten des Steuerpflichtigen, sofern er in der Steuererklärung keine abweichenden Angaben in sogenannten „qualifizierten Freitextfeldern“ macht. In diesen Fällen ist die Erklärung durch einen Amtsträger zu prüfen – sie wird dann maschinell ausgesteuert. Sind dagegen die von Dritten elektronisch übermittelten Daten nicht zutreffend berücksichtigt worden, ist ein Steuerbescheid zu korrigieren. Ansonsten erfolgt eine automationsgestützte Veranlagung.
Neuerungen zur Abgabe von Steuererklärungen
Die Abgabefrist von Jahressteuererklärungen wird für Besteuerungszeiträume nach 2017 neu gefasst. Bei der Einkommensteuererklärung 2018 endet sie bei unberatenen Steuerpflichtigen am 31. Juli 2019, bei Steuerpflichtigen mit Steuerberater am 2. März 2020 (da 29.02.2020 = Samstag). Unverändert kann die Finanzverwaltung eine frühere Abgabe als sogenannte Vorabanforderungen verlangen.
Fristüberschreitung bedeutet künftig automatisch Verspätungszuschlag. Dieser beträgt für jeden angefangenen Monat 0,25 % der um die Vorauszahlungen und die anzurechnenden Steuerabzugsbeträge verminderten Steuer. Der monatliche Mindestverspätungszuschlag beträgt EUR 25,00. Es gibt eine Ermessensfestsetzung, wenn das Finanzamt eine Steuer auf EUR 0,00 oder eine Steuererstattung festsetzt. Eine Fristverlängerung ist nur noch auf Ausnahmefälle beschränkt.
Vollautomationsgestützte Veranlagung
Die Finanzbehörden können Steuerfestsetzungen ausschließlich automationsgestützt erlassen, ändern oder aufheben. Anlässe für die Einzelfallbearbeitung durch einen Amtsträger bestehen, z. B. wenn das Risikomanagementsystem den Steuerfall ausgesteuert hat, da im „qualifizierten Freitextfeld“ abweichende Angaben zu Drittdaten eingetragen wurden, oder wenn der Steuerpflichtige dokumentiert von der Verwaltungsmeinung abweicht.
Elektronische Steuerverwaltungsakte
Die Finanzverwaltung kann Steuerbescheide, Einspruchsentscheidungen oder Prüfungsanordnungen zum elektronischen Datenabruf bereitstellen, wenn der Beteiligte bzw. der Steuerberater hierzu einwilligt. Die Steuerverwaltungsakte gelten, 3 Tage nachdem die Finanzverwaltung eine elektronische Nachricht über den Datenabruf abgesendet hat, als bekannt gegeben.