Der Umsatzsteuersatz soll vorbehaltlich einer Zustimmung des Bundestages und Bundesrates bereits zum
1. Juli für einen Zeitraum von sechs Monaten auf 16 % bzw. 5 % (ermäßigter Steuersatz) herabgesetzt werden. Danach gelten wieder die „alten“ Steuersätze von 19 % bzw. 7 %.Aus der Anwendung der geänderten Umsatzsteuersätze ergeben sich in der Praxis viele Einzelfragen, auf die wir im Folgenden eingehen werden. Dabei fußen viele Einschätzungen auf Verlautbarungen des Bundesfinanzministeriums anlässlich der letzten Änderung des Umsatzsteuersatzes im Jahr 2007. Es ist davon auszugehen, dass diese Grundsätze auch bei den nun erfolgenden Änderungen anzuwenden sind. Wir können jedoch nicht ausschließen, dass in einem noch zu erstellenden Gesetz oder in ggf. noch zu erwartenden Verwaltungsanweisungen abweichende Vorschriften ergehen.
Ausführung des Umsatzes maßgeblich
Für die Bestimmung welcher Steuersatz anzuwenden ist, kommt es ausschließlich darauf an, wann der Umsatz bzw. die Leistung ausgeführt worden ist. Grundsätzlich unerheblich ist wann die Rechnung erstellt wird, wann diese bezahlt wird sowie ob der Unternehmer seine Umsätze nach vereinnahmten Entgelten (Ist-Besteuerung) oder nach vereinbarten Entgelten (Soll-Besteuerung) besteuert. Auch die Vereinnahmung von Anzahlungen oder Vorauszahlungen ist für die endgültige Entstehung der Umsatzsteuer der Höhe nach ohne Bedeutung.
Zur korrekten Ermittlung der Umsatzsteuer muss damit immer festgestellt werden, wann die Leistung ausgeführt ist. Besondere Probleme ergeben sich dabei beispielsweise bei langfristigen Verträgen, die über den Zeitpunkt des Steuersatzwechsels hinaus ausgeführt werden.
Beispiel:
Kunde bestellt im Juli 2020 einen PKW, der erst im
Januar 2021 ausgeliefert wird. Die Leistung ist in diesem Fall (wieder) mit 19 % zu versteuern. Unerheblich ist, ob ggf. noch in 2020 eine Anzahlung geleistet wurde.
Grundsätzlich gilt für den Zeitpunkt eines Umsatzes -und damit für den maßgeblichen Steuersatz- folgendes:
Neben der endgültig ausgeführten Leistung führt auch eine abgeschlossene Teilleistung zur endgültigen Entstehung einer Umsatzsteuer. Damit eine Teilleistung vorliegen kann, müssen folgende Bedingungen vorliegen:
Werklieferungen und Werkleistungen
Von großer Relevanz ist die Senkung der Umsatzsteuer insbesondere bei Werklieferungen und Werkleistungen, welche typischerweise über einen längeren Zeitraum ausgeführt werden (z.B. Bauleistungen, Leistungen von Architekten und Ingenieuren etc.).
Der für das gesamte Werk bzw. für die gesamte Leistung anzuwendende Steuersatz richtet sich nach den im Zeitpunkt der Ausführung der Leistung geltenden Bestimmungen. Bereits zuvor ggf. zu anderen Steuersätzen vereinnahmte Anzahlungen sind dann in der Schlussrechnung zu korrigieren.
Beispiel:
Ein Bauunternehmen erstellt ab Januar 2020 ein Bauwerk, welches im November 2020 abgenommen wird. Bis Juni wurden Anzahlungen mit 19 % Umsatzsteuer vereinnahmt. Aufgrund der Abnahme im November unterliegt die gesamte Leistung dem Steuersatz von 16 %. Die ursprünglich höher erfolgte Besteuerung der Anzahlung ist in der Schlussrechnung zu korrigieren.
Aufgrund des kurzen Zeitraumes der Umsatzsteuerabsenkung ist davon auszugehen, dass nicht zum Vorsteuerabzug berechtigte Auftraggeber bei Werklieferungen und Werkleistungen auf eine Fertigstellung im zweiten Halbjahr 2020 hinwirken werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine einheitliche beauftragte Leistung nicht willkürlich geteilt werden kann. Teilabrechnungen bzw. Teilschlussrechnungen sind in Bezug auf den Steuersatz nur wirksam, wenn diese wirtschaftlich abgrenzbar sind und über die Teilabrechnung eine Vereinbarung getroffen wurde. Insbesondere Bauaufträge und Leistungen nach der HOAI enthalten regelmäßig jedoch keine Vereinbarungen über Teilleistungen.