Die Umsetzung des BTHG zum 1. Januar 2020 hat in den letzten beiden Monaten des Jahres 2019 zu einem deutlichen Zusatzaufwand in allen bisher vollstationären Einrichtungen der Behindertenhilfe für erwachsene Menschen geführt.
In diesen Einrichtungen war eine Trennung der Fachleistungen der Eingliederungshilfe von den existenzsichernden Leistungen (Warmmiete mit Zuschlägen, Personal- und Sachkosten der Unterkunft, Verpflegung etc.) erforderlich. In einem ersten Schritt ermittelten die Einrichtungsträger die Kosten der Warmmiete und evtl. Zuschläge unter Beachtung der regional maßgeblichen, sozialhilferechtlich akzeptierten Deckelungsbeträge.
Erst ab Ende November 2019 erfolgten die Ausfertigungen der Vergütungsvereinbarungen für die Leistungen der Eingliederungshilfe, die von den Kostenträgern mit Hilfe eines neuen Kalkulationsprogramms unter Berücksichtigung der Regelungen der Übergangsvereinbarung, der Vorgabewerte für 2020 und ggf. der Korridorangleichungen ausgestellt wurden. Wegen noch fehlender Vergütungsvereinbarungen konnten bis in den Dezember hinein oft noch keine neuen Wohn- und Betreuungsverträge nach dem WBVG mit Bewohnern bzw. deren Betreuern abgeschlossen werden, die im Rahmen der Sozialhilfe üblicherweise als Nachweis für die Bedarfe im Bereich des Wohnens dienen.
Stattdessen wurden von den Einrichtungen zum Teil Mietbescheinigungen für die Bewohner erstellt und an die Betreuer übermittelt, damit die zuständigen Sachbearbeiter bei den Sozialhilfeträgern mit der Bearbeitung der Anträge beginnen konnten. Die in besonderen Wohnformen geltenden höheren Deckelungsgrenzen von 125 % der regional angemessenen Warmmieten und auch die Vorschriften der neuen §§ 42a SGB XII zu den Bedarfen bei Unterkunft und Heizung sowie 42b SGB XII zu den Mehrbedarfen haben in einer Vielzahl von Fällen zu Schwierigkeiten bei den Behörden und zu Rückfragen der Sozialhilfeträger geführt. Mit Hilfe der recht eindeutigen Vorgaben des bundesweit gültigen Papiers der Bundesauftragskonferenz für die Umsetzung des BTHG und in Einzelfällen auch durch die Einschaltung des Sozialministeriums konnten die meisten der Nachfragen oder Ablehnungen im Bereich der angemessenen Miethöhe inzwischen geklärt werden.
Noch teilweise ungeklärt – da im Gesetz sehr schwammig formuliert – ist die Frage eines Mehrbedarfs für Gemeinschaftsverpflegung im Rahmen heiminterner Tagesstrukturen oder auch die Behandlung eines Mehrbedarfs bei ausgelagerten WfbM-Arbeitsplätzen.
Durch die Verzögerung beim Abschluss der Vergütungsvereinbarungen für den Bereich der Eingliederungshilfe und dem erhöhten Arbeitsanfall bei den Sozialhilfeträgern für die Bewohner besonderer Wohnformen ist es fast in allen Einrichtungen zu einer Verzögerung der Zahlungen der Sozialhilfe gekommen. Durch die Verzögerungen liegen nach Erhebungen der Einrichtungsträgerverbände die Zahlungsrückstände für Januar 2020 sowohl bei der Eingliederungshilfe als auch bei den existenzsichernden Leistungen etwa bei 40 % bis 60 % der erwarteten Zahlungen. Das Sozialministerium hat mitgeteilt, dass sich Einrichtungsträger, bei denen sich hierdurch ernsthafte Liquiditätsprobleme ergeben, bitte bei den jeweiligen kommunalen Körperschaften melden sollen. Bei nicht auszuräumenden Problemen soll das Landesamt verständigt werden. Es wird erwartet, dass sich die Probleme bis Ende des 1. Quartals 2020 – auch durch Einsatz zusätzlichen Personals im Landesamt und bei den kommunalen Trägern - erledigt haben.
Inzwischen dürften von allen Einrichtungsträgern für die besonderen Wohnformen neue WBVG-Verträge mit den Bewohnern bzw. Betreuern abgeschlossen worden sein. Das Sozialministerium hat darauf hingewiesen, dass in die neuen Wohn- und Betreuungsverträge nur die Leistungsausschlüsse aufgenommen werden dürften, die auch in den bisher bestehenden Leistungsvereinbarungen der Einrichtung mit dem Land bzw. Landesamt enthalten waren.
Für die minderjährigen Behinderten in Zuständigkeit der Kommunen wurde Ende 2019 ebenfalls eine eigene Übergangsvereinbarung auf Landesebene abgeschlossen. Die Landkreise und kreisfreien Städte erstellen und übermitteln zurzeit die hiernach abzuschließenden neuen Vergütungsvereinbarungen für 2020.
Im Januar 2020 hat außerdem die Verhandlerrunde für den neuen Landesrahmenvertrag nach § 131 SGB IX ihre Arbeit aufgenommen.
Refinanzierung der Azubi-Kosten für neue Azubis nach dem Pflegeberufe-Gesetz ab 2020
Die neue Pflegeausbildung ab 2020 soll durch eine Umlage finanziert werden – die Bescheide im Umlageverfahren werden spätestens ab Mitte Februar 2020 erwartet, um eine rechtzeitige Beantragung der Kosten für die neuen Auszubildenden im Rahmen der Pflegesatzvereinbarung mit Wirkung zum 1. April 2020 zu ermöglichen.
Nach der Empfehlung der nds. Pflegesatzkommission (PSK) vom 20. November 2019 soll ab Vorliegen des Umlagebescheids von allen stationären/teilstationären Pflegeeinrichtungen – auch während der laufenden Vergütungsperiode – bei den Kostenträgern ein vereinfachter Antrag auf Refinanzierung der Ausbildungsumlage gestellt und eine modifizierte Vergütungsvereinbarung abgeschlossen werden.
Alternativ kann bei aktuell laufenden Pflegesatzverfahren mit einem Laufzeitbeginn frühestens ab 1. Januar 2020 eine Pauschale von 2.200 € pro Pflegefachkraft als Ausbildungsumlage in die Kalkulation aufgenommen werden, die allerdings nach Vorliegen des Bescheides bei der anschließenden Vergütungsverhandlung spitz abzurechnen und ggf. anteilig zurückzuerstatten ist.
Bitte denken Sie daran, Ihren jeweiligen Berater zu informieren, sobald Ihr Umlagebescheid vorliegt oder ggf. selbst den Antrag auf Aufnahme der neuen Ausbildungskosten in die Vergütungsvereinbarung zu stellen!