Der Beginn der Corona-Pandemie in Deutschland jährt sich in diesen Tagen. Seit März 2020 ist eine Vielzahl von drastischen Veränderungen unseres Alltagslebens im Wesentlichen von Organen der Exekutive beschlossen und umgesetzt worden.
Diese Entwicklung ist auch im Steuerrecht zu beobachten. So entbrannte jüngst eine Diskussion zwischen dem Bundesfinanzministerium (BMF) und den Ländern über Abschreibungsmöglichkeiten für digitale Wirtschaftsgüter. Nach einem Beschluss der Bund-Länder Konferenz sollte für bestimmte EDV-Geräte und Software die Möglichkeit zur Sofortabschreibung geschaffen
werden. Das BMF vertrat die Auffassung, dass eine solche Regelung auf „untergesetzlichem“ Wege erfolgen kann, mehrere Bundesländer forderten aber eine gesetzliche Verankerung. Am Ende hat der Finanzminister gehandelt: Am 26. Februar wurde ein entsprechendes Schreiben veröffentlicht, in dem das BMF nunmehr bestimmt, dass zukünftig für bestimmte EDV-Geräte eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer von einem Jahr zugrunde zu legen ist.
Ähnliches gab es schon einmal im vergangenen Jahr. Anfang April 2020 teilte Minister Scholz in einem Interview mit der Bild am Sonntag mit, dass Sonderzahlungen an Helferinnen und Helfer steuerfrei sein sollen. Unter der Überschrift „Sonderzahlungen jetzt steuerfrei“ wurde kurz darauf auf der Webseite des BMF die Möglichkeit zur steuerfreien Zahlung von Prämien an Arbeitnehmer in Höhe von bis zu 1.500 Euro bekannt gegeben. Offenbar wurde erst danach im Ministerium die Frage nach einer Rechtsgrundlage für diese Maßnahme erörtert. Wenige Tage später wurde dann ein BMF Schreiben veröffentlicht, welches das Versprechen des Ministers unter Verweis auf eine Vorschrift zur Steuerfreiheit öffentlicher Beihilfen zu legitimieren versuchte.
Im Falle der Corona-Sonderprämie wurde später auf Initiative von Fachpolitikern eine gesetzliche Regelung vom Bundestag nachträglich verabschiedet. Ähnliches scheint für die Abschreibung digitaler Wirtschaftsgüter jedoch nicht vorgesehen zu sein. So bleibt das Risiko, dass Finanzgerichte bei der Sachverhaltsprüfung zu der Auffassung gelangen, dass PCs und Laptops regelmäßig länger als ein Jahr genutzt werden, und deshalb gemäß geltendem Recht (§ 7 Abs. 1 EStG) über einen längeren Zeitraum abzuschreiben sind. Denn im Unterschied zu Gesetzen bindet ein
Ministererlass Gerichte nicht.
Im Interesse aller Steuerzahler wäre es wünschenswert, wenn das Bundesfinanzministerium den Grundsatz der Gewaltenteilung wiederentdeckt. Ansonsten besteht die Gefahr, dass gut gemeinte Steuergeschenke später von den Begünstigten mit Zinsen zurückzuzahlen sind.