Ab dem 1. Januar 2025 soll die Grundsteuer anders berechnet werden als bisher. Der bisher bekannte „Einheitswert“ wird dann durch den neuen „Grundsteuerwert“ ersetzt werden. Hintergrund ist ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2018, welches die bisherige Gesetzeslage für verfassungswidrig erklärte. Nach dieser wurde die Grundsteuer auf Grundlage der jeweils letzten Einheitswertfeststellung aus dem Jahr 1964 in Westdeutschland bzw. 1935 in Ostdeutschland festgesetzt. Diese Werte sollten ursprünglich alle sechs Jahre angepasst werden. Die dafür erforderlichen Hauptfeststellungen wurden jedoch nach 1964 nicht mehr durchgeführt. Die Verwendung überalterter Werte zur Erhebung der Grundsteuer führt nach Auffassung der Richter des Bundesverfassungsgerichts mittlerweile zu einer ungerechten Besteuerung.
Ungeachtet der Anwendung der „neuen“ Grundsteuer erst ab 2025 besteht für Grundstückseigentümer bereits in 2022 Handlungsbedarf. Denn der neue Grundsteuerwert wird auf Grundlage einer Feststellungserklärung zum 1. Januar 2022 festgesetzt. Zur Abgabe einer Steuererklärung auf diesen Stichtag sind alle Grundstückeigentümer verpflichtet.
Hinweis:
Nach derzeitigem Stand müssen die Feststellungs-erklärungen über die Steuer-Onlineplattform ELSTER eingereicht werden. Dies wird frühestens ab 1. Juli 2022 möglich sein. Die Abgabefrist läuft jedoch bereits am 31. Oktober 2022 ab. Den Eigentümer von rd. 36 Millionen Grundstücken in Deutschland bleibt damit ein Zeitfenster von lediglich vier Monaten für die Erstellung der Feststellungserklärungen.
Von den Finanzbehörden der meisten Länder werden die Grundstückeigentümer Informationsschreiben erhalten. In der Regel wird der Versand dieser Schreiben im zweiten Quartal 2022 erfolgen.
Gesetzliche Neuregelung
Die Methode zur Ermittlung des neuen Grundsteuerwerts ist im Bewertungsgesetz bundesweit geregelt worden. Gleichzeitig wurde den Bundesländern jedoch die Möglichkeit eingeräumt vom sogenannten „Bundesmodell“ abweichende Regeln zur Bewertung zu entwickeln und zu erlassen. Diese Öffnungsklausel wurde bisher von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen, Niedersachsen, Saarland und Sachsen genutzt. Abweichende Regeln wurden von diesen Ländern für die Ermittlung der Grundsteuer B erlassen. Die Grundsteuer A, welche für Grundstücke der Land- und Forstwirtschaft festgesetzt wird, wird nach derzeitigem Stand hingegen in allen Bundesländern gleich ermittelt werden.
Generell soll die Reform der Grundsteuer „aufkommensneutral“ bleiben, d.h. die Grundsteuer insgesamt soll nicht erhöht werden. Jedoch können und werden sich Verschiebungen in der Belastung der einzelnen Grundstücke ergeben, d.h. bei einigen Grundstücken wird eine höhere Grundsteuer als bisher erhoben, bei anderen eine niedrigere.
Hinweis:
Die von einigen Bundesländern genutzte „Öffnungsklausel“ wird zu einer unterschiedlichen Besteuerung vergleichbarer Grundstücke führen, abhängig davon in welchem Bundesland das Grundstück liegt. Das „Bundesmodell“ wird dabei regelmäßig zu einer Entlastung von Geschäftsgrundstücken führen, während Wohnungs-eigentum stärker belastet wird. In den Ländern mit abweichenden Regeln wird Wohnungseigentum in der Regel geringer besteuert werden als in Ländern welche das Bundesmodell anwenden.
Vor diesem Hintergrund gehen Experten davon aus, dass es lediglich eine Frage der Zeit ist bis das Bundesverfassungsgericht erneut über die Grundsteuer wird entscheiden müssen.
Niedersächsisches Modell
Niedersachsen hat von der Öffnungsklausel Gebrauch gemacht. Abweichend vom „Bundesmodell“ wird für die Bewertung der Grundstücke ein „Flächen-Lage-Modell“ verwendet. In diesem Modell müssen in der Steuererklärung zur Hauptfeststellung auf den Stichtag 1. Januar 2022 folgende Angaben gemacht werden:
Die Definition der Flächen für „Wohnen“ und „Nicht-Wohnen“ richten sich nach der Wohnflächenverordnung. Nach dieser stellen z.B. Kellerräume, Heizungsräume oder Garagen keine Wohnfläche sondern Zubehörräume dar.
Als Hilfestellung zur Ermittlung der Grundstücksflächen wird Niedersachsen einen „Grundsteuer-Viewer“ zur Verfügung stellen. Dabei handelt es sich um eine Kartendarstellung, aus der Grundstücksflächen online abgelesen werden können.
Neben den grundstücksindividuell erhobenen Angaben wird im niedersächsischen Modell der Bodenrichtwert in die Ermittlung des Grundsteuerwerts einbezogen. Konkret wird das Verhältnis des Bodenrichtwerts des Grundstückes zum durchschnittlichen Bodenrichtwert in der Gemeinde genutzt um hochwertige Lagen zu identifizieren. Ein Grundstück, dessen Bodenrichtwert oberhalb des Durchschnitts einer Gemeinde liegt, wird dann höher mit Grundsteuer belastet werden. Für die 3,5 Millionen Grundstücke in Niedersachen ist nur eine Hauptfeststellung zum 1. Januar 2022 vorgesehen. Im Bundesmodell ist hingegen eine Neufeststellung alle sieben Jahre vorgesehen.
Bundesmodell
Im sogenannten Bundesmodell erfolgt eine im Vergleich zum niedersächsischen Modell deutlich aufwendigere Bewertung. Die Bewertung erfolgt dabei entweder nach dem Ertragswertverfahren (vorgesehen für zu Wohnzwecken genutzte Grundstücke) oder dem Sachwertverfahren (alle anderen Grundstücke).
In beiden Verfahren wird jeweils die Grundstücksfläche und der Bodenrichtwert für die Bewertung des Grund und Bodens herangezogen. Daneben werden folgende Informationen benötigt:
Ertragswertverfahren | Sachwertverfahren |
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Die „Mietniveaustufe“ im Ertragswertverfahren wird je Gemeinde festgelegt. Für hochwertige Lagen werden über die Mietniveaustufe Zuschläge festgesetzt. Im Sachwertverfahren sind wiederum die „Herstellungskosten“ abhängig von der Art der Gebäudenutzung und dem Baujahr gesetzlich vorgegeben.
Fazit
Die vom Bundesverfassungsgericht angeordnete Grundsteuerreform wird zu erheblichem Aufwand bei Bürgern und Behörden führen. Den Eigentümern der 36 Millionen betroffenen Grundstücke in Deutschland wird dabei von den Behörden nur ein sehr kurzes Zeitfenster von lediglich vier Monaten für die Abgabe von Steuererklärungen eingeräumt, die es so zuvor noch nicht gegeben hat. Zudem wird die Übermittlung über die wenig nutzerfreundliche ELSTER Plattform gefordert. Je nachdem in welchem Bundesland ein Grundstück liegt, wird die Erklärung mehr oder weniger aufwendig ausfallen.